Die Ehre des Scharfrichters: Meister Frantz oder ein Henkersleben im 16. Jahrhundert (German Edition) by Joel F. Harrington

Die Ehre des Scharfrichters: Meister Frantz oder ein Henkersleben im 16. Jahrhundert (German Edition) by Joel F. Harrington

Autor:Joel F. Harrington [Harrington, Joel F.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Siedler Verlag
veröffentlicht: 2014-10-17T16:00:00+00:00


DER RÄCHER DER OPFER

Die wesentlichen Bestandteile eines guten Namens waren in jeder Gesellschaftsschicht allgemein bekannt. Ein raffinierter und skrupelloser junger Mann hätte sich durch Manipulation der Wahrnehmung ohne Weiteres einen Namen machen können, einfach indem er sich den Anschein der Schicklichkeit gab, ohne tatsächlich die moralischen Grundsätze zu akzeptieren. Als Augenzeuge all der menschlichen Grausamkeit und Täuschung, die er von Amts wegen zu sehen bekam, hätte Frantz durchaus auch apathisch oder gar zynisch gegenüber der Strafjustiz und ihrer Doppelmoral werden können. Immerhin wurden, wie er wohl wusste, längst nicht alle Missetäter gefasst oder bestraft, und nicht alle Opfer waren völlig schuldlos an ihrem eigenen Unglück. Für eine zufriedenstellende Ausübung seiner Pflichten war überdies weder ein leidenschaftliches Eintreten für Gerechtigkeit noch die innere Überzeugung von der Richtigkeit seines Tagewerks erforderlich. Schon früh hätte er beschließen können, sich allein auf seine Karriere und die dafür benötigte äußerliche Anpassung zu konzentrieren.

Die Tagebucheinträge bestätigen hingegen, dass Frantz Schmidt nicht nur ein bereitwilliger, sondern auch ein leidenschaftlicher Scharfrichter war. Seine Empörung über die von Räubern und Brandstiftern begangenen Gräueltaten wirkt echt und sein Einsatz für die Wiederherstellung der gesellschaftlichen Ordnung aufrichtig, nicht zähneknirschend oder berechnend. Sein Mitgefühl für die Opfer, insbesondere für jene, die all ihr hab und Baarschaft beraubt wurden, bringt er häufig und überzeugend zum Ausdruck. Mit anderen Worten, statt seine Gefühle zu unterdrücken oder zu leugnen, beschloss Meister Frantz, sie zu kanalisieren, indem er den einzigen Trost gewährte, den er den Opfern von Verbrechen anbieten konnte: gesetzliche Vergeltung.



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